Dienstag, 5. Juli 2022

Endlich wieder frei

Warten auf das Ersatzteil hat ein Ende



Der Anker geht nach oben, der Motor läuft und wir haben unsere Freiheit wieder. Es ist ein gutes Gefühl nun wieder überall hin fahren und segeln zu können. Ohne Motor ist man doch eingeschränkt und gerade ein den engen Schärenfahrwassern mit ihren engen Durchfahrten braucht es den richtigen Wind. Nun freuen wir uns und das Herz hüpft vor Freude. 

Am Tag vorher, Montag, war die Pumpe angekündigt worden. Die Post kommt meist gegen 14 - 14.30 Uhr, sagte man uns. Wir fahren pünktlich mit dem Dinghy quer über die Bucht und waren dann doch sichtlich enttäuscht als wir um 15 Uhr erfolglos zurück fuhren. Zeitgleich kündigte sich bei Katharina eine Mandelentzündung an. Der Blick in ihren Hals rief nach einem Arzt. Nur woher nehmen. Wir diskutieren diverse Optionen. Die praktikabelste schien mit dem Taxi zum Ortszentrum Lidingö zu fahren. Doch es gibt kein Taxi. Die eine Taxizentrale hat keine Fahrer in der Region, aber zumindest eine englischsprechende Telefonistin. Die andere hat nur eine schwedisch sprechende Computeransage aus der ich raus höre, dass man, wie oft üblich, eine Ziffer drücken muss. Also ich probiere 1 und später auch 2. Aber die Leitung bleibt beim Computer. Für einen Bus ist es nun schon zu spät. 

Dann gegen 16 Uhr klingelt mein Telefon. Die Werft ist dran und verkündet sachlich: Das Ersatzteil ist da. Ich fahre also nochmals rüber und komme freudig zurück. In der Zwischenzeit hat Katharina mit ihrer Hausärztin gesprochen und ein Rezept ergattert, das aber noch am nächsten Tag von der Tochter abgeholt und uns als Foto geschickt werden muss. (Ob die das als SW-Ausdruck akzeptieren?)

Der Einbau der neuen Pumpe ist nach 1 Stunde abgeschlossen und eine Apotheke per Googlemaps gefunden, die in der Nähe eines zwar privaten Hafens um die Ecke ist, aber in der Not wird das schon gehen.

Pumpe dran, Kühlmittel wird eingefüllt


Wir brechen morgens früh auf und motoren, anfangs noch etwas nervös (- alles dicht und läuft er  rund?) zum Hafen. Platz ist da, aber das Hotel zu dem er gehört ist geschlossen. Fragen geht nicht.

Wir machen uns auf die Suche in dem Gewerbegebiet nach der Apotheke. Googlemaps behauptet immer noch, dass sie direkt vor uns sein sollte, die Arbeiter auf der Straße aber wissen von keiner Apotheke. Wir bekommen den Tipp mit der Vorortbahn ca. 10 min in ein Einkaufszentrum zu fahren. Dort gäbe es ein Apotheke. Auch das schaffen wir, nur dauert es über 1 Stunde und ein weiteres Telefonat mit der Hausärztin, bis der Apotheker uns ein Medikament, - das Verschriebene gibt es nicht in Schweden- aushändigt. Ziemlich fertig fahren und segeln wir bei viel Sonnenschein noch ca. 10sm weiter in eine Traumbucht. Napoleonsviken. Wasser 22 Grad und geschützt. Natürlich kein Geheimtipp.

Enge Kanäle erfordern einfach einen Motor

Napoleonsviken

Napoleonsviken

Leider nur kurze Zeit zu dritt. 

2 Tage später holen wir Birgit ab und kehren umgehend wieder in die Bucht zurück. Bleiben an einem wunderschönen Fleck haben wir jetzt echt gelernt. Faul sein und einfach erholen. Auch mein Rücken ist ja noch nicht wieder schmerzfrei. 

Am Samstag legen wir kurz in Fisksätra an. Ein schmuckloser aber nutzvoller Hafen. Bahnhof und Supermarkt fast vor dem Hafen. Während ich Birgit mit der Einkaufsliste los schicke (frische Vorräte waren alle verbraucht) begleite ich Katharina zum Hauptbahnhof Stockholm. Stickig-schwül in der Bahn, überfüllt in der U Bahn. Stockholm reicht uns noch bevor wir am Bahnhof sind. 

Der Abschied nach über einem Monat engen, sehr harmonischen Zusammensein tut immer wieder weh. Katharina stürzt sich in den vollen Zug und ich in das Chaos des öffentlichen Nahverkehrs. Ihr Finger braucht nun doch auch einen Arzt, aber in einigen Wochen kommt sie wieder und wir werden zusammen nach Süden segeln.

Grosseinkauf

Ich bin froh als ich 3 Stunden später wieder am Boot bin. Den Liegeplatz in dem Hafen hat mir nun schon zum 2.Mal Frank zur Verfügung gestellt. Er hat mit einem Freund hier 3 Plätze und macht von hier aus Kojencharter (www.oceanspirit.eu) und vermittelt private Charterjachten in Schweden. Heute lerne ich ihn noch kurz kennen. Der Kontakt kam über einen Freund und wir hatten uns bisher nur geschrieben. 

Am frühen Nachmittag nutzen wir den Südwestwind um noch nach Norden zu kommen. Wir wollen nun in 2,5 Tagesetappen die 80sm zu den Aalands segeln. Wir finden eine, zum Samstagabend hin, sehr volle Bucht, gehen in Granhamn 30 sm weiter, an den Felsen und sind am Montag nach einer schnellen Überfahrt in Rödhamn in den Aalands.

Diese Überfahrt hat immer was besonderes. Nach wochenlangen Schärensegeln wieder stundenlang geradeaus zufahren, den Blick über den fernen Horizont zu schicken, den Wolken in ihrem vom Wind getriebenen Spiel zu zusehen. Ich will immer lesen, aber ich kann meinen Blick nicht in ein Buch senken. Zuviel, wie manche sagen, immer Gleiches ist so abwechslungsreich.


Erstmal in der Saison an einem Felsen. Granhamn


Granhamn

Granhamn



In Rödhamn weiß ich von 2 Booten, die wir treffen werden. Christian und Eva von der Chilly, - wir kennen uns schon einige Jahre und laufen uns regelmäßig über den Weg hier oben - und Guido und Ilona mit ihrer Born to Life. Und dann taucht da doch auch noch Christoph mit Claudia auf. Wir hatten sie erst am nächsten Tag erwartet. Sie haben mal schnell mit ihrem 8m Boot 60sm abgerissen. Freue mich riesig. 

Den Sundowner verbringen wir, wie hier üblich, auf den Felsen mit Blick über den Hafen. Das angekündigte Gewitter hat sich verzogen und der Abend ist wunderbar und die Slisand Lady schwoit vor Anker. Immer diese Superlativen. 

Rödhamn, Aalnds - Steg und Ankerplatz


Rödhamn

Aalands

Rödhamn - Alleine vor Anker

Spontane Zusammenkunft von 4 Booten