Montag, 23. Oktober 2023

Im Grenzgebiet zwischen den Zeitzonen

Es regnet, ich habe heute morgen die Socken gesucht und nun sitze ich hier und versuche die letzten Tage oder Wochen oder... ach ich weiß manchmal gar nicht mehr was für ein Tag ist und welche Zeit auch nicht, denn wir liegen in Spanien das zu Portugal 1 Stunde weiter ist, selber leben wir aber nach der portugiesischen Zeit. Wir liegen im Grenzfluss zwischen Spanien und Portugal, ca. 200m breit und mitten drin die Grenze. Eine Grenze die keinen interessiert. Wohl auch deswegen liegen hier viele Boote vor Anker, manche schon lange Jahre, viele sind eher Leichen als Segelgefährt. Kümmert hier wohl niemand. Aussteiger haben hier Grundstücke gekauft und sind geblieben. Das haben wir im Vorfeld schon gelesen und nun sehen wir das auch hier. Aber so richtig haben wir hier keinen getroffen. Mit einigen Liveaboards, die mit uns hier am Steg auf der spanischen Seite liegen, ratschen wir im vorübergehen. Wo die Ankerlieger aber alle sind, haben wir noch nicht raus bekommen. Einige Dinghy kommen ab und an vorbeigetuckert. Es muss hier Leben geben.

Blick von Alcoutim auf Sanlucar


Unser Steg in Sanlucar

Diese Geschichten, die Wettervorhersage und ein Musikfestival, im Internet beworben, hat uns  hier den Fluss hoch gelockt. Die Natur und die Ruhe hat uns sofort begeistert hier. 2 kleine Orte in Weiß auf beiden Seiten, Alcoutim und Sanlucar de Guadiana haben Schwimmstege und laden zum verweilen ein. Wir ergattern noch einen Platz, so müssen wir im starkströmenden Fluss nicht andauernd nach unserem Anker sehen.

Das Musikfestival ist eher eine große Party der Englischen Community hier. Wenige sehen nach Seglern aus. Alle wohl hier irgendwo im Umland zu hause.  Die Musikveranstaltungen reißen einem nicht vom Hocker. Aber die Stimmung am Abend im Zelt ist gut. Es wird getanzt. Alter Egal. 

Am Abend auf großer Bühne beim Festival

Klein und etwas bemüht am Nachmittag im Beachclub

Und nun hat sich auch der Herbst breit gemacht und man lebt wieder mehr unter Deck und man sieht deswegen wenige Leute. "Also wenn ihr es einsam mögt, ist das der richtige Ort zum Überwintern" hat man mir Stefano, den wir in Aveiro getroffen haben gesagt. Ihn treffen wir hier am Steg wieder. Auch  Hans aus Holland mit seiner Frau, die wir aber nach Tagen immer noch nicht gesehen haben. (gibt es die überhaupt? Krimifantasien kommen hoch). 

Vor Culatra (der Sandinsel vor Faro) verbrachten wir dagegen eine sehr gesellige Zeit mit spontanen Strandparties  und Spaziergängen. Wir legen uns etwas weg vom Ort vor einen großen langen Sandstrand mit wenigen anderen Booten und kaum Bootsverkehr. Wir lernen Eric kennen, einen holländischen Einhandsegler. Jochen von der harten Lena bekommt Besuch von Frau und Sohn und auch wir bekommen Besuch von Katharinas Sohn Roman. Ihn empfangen wir in Olhao in der Marina und gehen abends noch fein zusammen essen. Doch uns zieht es gleich am nächsten Tag wieder raus an den Ankerplatz am Strand. 



Wir verbringen die Tage mit baden (Wasser um 24 Grad und Luft um 28), angeln und kleinen Wanderungen über die Sandinsel auf die andere Seite, um im Atlantik in den Wellen zu baden. Zum Sundowner oder grillen/räuchern von Fisch treffen wir uns regelmäßig irgendwo am Strand in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Wunderbare Sonnenuntergänge zusammen.


Doch das Wetter wird sich ändern, es kommt kräftig Wind und wir wollen das nicht an dem doch recht offenen Ankerplatz erleben. Wir fahren zum Grenzfluss Guadiana. Jochen mit Familie kommt auch mit. Eric geht direkt nach Gibraltar, Bigfoot nach Westen. Und so verstreuen wir uns nach einigen schönen Tagen hier. 

Weil Roman zurück nach Faro zum Flieger muss, leihen wir uns ein Auto, denn das ist auch nicht teurer als mit dem Taxi zum Flughafen zu fahren und wir können die Rückfahrt nutzen um uns noch einige Orte, die man mit dem Schiff hier nicht gut erreichen kann, an zu sehen.

Am Abflugtag regnet es heftig. Das erste Mal seit langem. Nachdem wir Roman sehr früh am Flughafen abgesetzt haben, sehen wir uns Fuseta an. Ein kleiner Fischerort, nicht weit weg von Olhao, aber wegen der Sandbänke kaum mit dem Segelboot zu erreichen. Wir wollen sehen ob die Vorstellungen, die uns ein Krimi in unserer Phantasie erzeugt hat, mit der Realität zusammen passt. 

Fuseta im Regen











Der Ort versprüht einen morbiden Charme, die Markhalle ist nicht so groß wie in Olhao, dennoch mit Fisch und Gemüse gefüllt und es gibt kaum Tourismus. Ein starker Regenschauer zwingt uns in ein kleines Frühstückscafe. Die Schirme davor können kaum verhindern, dass alles und jeder Nass wird.

Wir versuchen es Innen. Im dunklen Innenraum ist kaum etwas zu sehen. Langsam gewöhnen sich die Augen daran. Es ist voll hier drinnen und der Strom ist ausgefallen, wie mir gleich die Bedienung entschuldigend erklärt. Keine warmen Getränke oder kein Toast. Regen mögen die Freiluftverkabelungen nicht. Egal, wir sind froh vor dem Regen einigermaßen geschützt unter den Schirmen zu sitzen, auch wenn wir darauf achten müssen, dass unsere Füße nicht im durchfließenden Wasser stehen. Das Regenwasser von den Dächern wird nicht von der Dachrinne in den Boden geleitet, sondern direkt auf die Straße. Die alten Damen im Cafe nehmen es gelassen. Eine nette Stimmung hier am Platz.

Wir fahren weiter nach Tavira. Das Gegenteil, von Fuseta. Voll auf Tourismus. dauern ziehen Horden von zu bunt gekleideten, blassen Menschen mit Headsets um den Hals durch den Ort. Die üblichen touristischen Läden säumen die schöne Altstadt am Fluss. Uns gefällt es dort. Eine schöne Stadt.



Tavira




















Danach geht es noch für einige Kilometer weg von der Hauptstraße in die Berge. Anfangs, während die Straße noch einem Fluss folgt, ist es schön grün mit Landwirtschaft. Als es dann die Berge hoch geht, sieht man schon, dass hier ein sehr trockener Sommer das sagen hatte. Karg, steinig, grau und vertrocknet, wenige Häuser. Nach einem Picknick von einem Aussichtspunkt fahren wir zurück zur Hauptstraße.

Mit Hilfe des Autos kann ich in Ayamonte, dem Ort auf der spanischen Seite am Fluss endlich mein Gas auffüllen lassen. Ich hole vorher noch Jochen mit seinen Flaschen ab, der dort im Hafen liegt und mit mir zur LPG Tankstelle fährt. Für meine 4 Flaschen ( 3kg) Propangas, zahle ich soviel wie für eine Caming-Gaz-Flasche hier. Lohnt sich.


Am nächsten Morgen machen wir uns gegen Mittag, denn man muss die Gezeiten und Strömungen unbedingt beachten, auf dem Weg den Fluss hoch. Das Wetter ist bestens, wir können den Großteil sogar segeln. Die Erwartungen sind hoch, denn man hat uns schon so viel von den beiden kleinen Dörfern erzählt, dort 30km weiter im Norden. Wir sind gespannt.


Den Guadiana hoch


Sanlucar mit Burg

Aber wir werden hier nicht überwintern. Es ist sehr geschützt und sicher,  aber in sehr abgeschiedener Lage. Die schlechten Versorgungsmöglichkeiten und unsere Sehnsucht nach Strand und Meer lässt uns bald (wetterabhängig) wieder den Fluss abwärts zum Meer nehmen.

PS: Wir sind vor den Winden die angesagt waren in den Fluss geflüchtet.  Das gleiche Tief, dass im Norden so für Überschwemmung und Orkanwinde gesorgt hat. Wir haben das aktuell verfolgt. Ist das doch auch immer noch unsere Heimat und es große Traurigkeit und Mitgefühl kam auf bei all den Bildern. 

Glück hatten wir aber auch hier noch, denn gestern raste ein 2.Orkantief direkt auf die Küste hier zu. Am Abend bekamen wir von allen unseren Seglerfreunden schlimme Bilder und Berichte die nicht so gut lagen.  55kn Wind und losgerissene Boote, vertrieben vor Anker oder mit Muring. Zerstörte Häfen. Ziemlich heftig gerade. Der Fischerhafen in Culatra ist zerstört.

Wir hatten es nur mit kurzen Böen gemerkt und vielem Regen. Der Fluss ist nun braun und voll mit Treibgut. Glückgehabt. Ein Baum im Ort lag gestern Abend am Boden.

Fischerhafen von Culatra

In Sanlucar

Culatra nach dem Orkan



Von den schönen Zeiten in Culatra








Wanderung über die Sandige Insel


Baden im Atlantik

Culatra Ort





Olhaos Markhalle




 






Blick beim Teekochen am Morgen aus dem Fenster

Das war der Anfang unserer Sardellearie. Schüssel war voll am Ende

Ein tägliches Bad





Irgendwo in Tavira


Alcoutim

Freiluftverkabelung

Sanlucar und seine Windmühlen



Der Guadiana nach dem Regen

Roman hat es endlich geschafft die Meeräschen im Hafen zu überliesten